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"Herr Schüller ist ein ordentlicher Pfarrer" Thaddäus Posielek begründet, warum er den Sprecher der österreichischen Priesterinitiative nach Bayern eingeladen hat SZ vom 21.2.2013, INTERVIEW: KATJA AUER Erst verhinderten die Bischöfe von Eichstätt und Bamberg seinen Auftritt, nun spricht der österreichische Pfarrer Helmut Schüller doch in Nürnberg: Am Sonntag um 17 Uhr in der Pfarrei Menschwerdung Christi. Pfarrer Thaddäus Posielek hat den Gründer der Pfarrer-Initiative, der Frauen das Priestertum erlauben will, eingeladen. SZ: Herr Posielek, Sie sind also dieser Revoluzzer . . . Thaddäus Posielek: So sehe ich mich überhaupt nicht. Aber Sie lassen Helmut Schüller in Ihrer Kirche auftreten, den die Bischöfe nicht in der Frauenkirche haben wollten. Der Zusammenhang war ja wichtig. Es sollte eine Fastenpredigt stattfinden, und das war nicht im Sinne der Bischöfe. Wir haben aus einer Pressemitteilung von der Absage erfahren und von der Begründung, dass ein solches Thema in einer Bildungsveranstaltung diskutiert werden müsse und nicht in einem Gottesdienst. Die Absage hat viele Katholiken überrascht und auch enttäuscht. Das war auch überraschend. Zumal die Fastenpredigten in der Frauenkirche immer schon kirchenpolitisch waren. Das heißt, sie haben fragende Menschen und die Zeichen der Zeit aufgenommen. Haben kritische Stimmen keinen Platz mehr in der Kirche? Ich hoffe nicht, dass es so ist. Gesagt wurde, dass sie keinen Platz im Rahmen eines Gottesdienstes haben. Das klingt nach einem Vorwand. Das kommt so raus, ja. Ist das gut für die Kirche? Es ist nie gut für die Kirche, wenn der Eindruck entsteht, dass ein Alibi gebraucht wird. Wir haben im Pfarrgemeinderat eine Möglichkeit gesucht, durch die Tür durchzugehen, die aufgemacht wurde. Also eine Bildungsveranstaltung abzuhalten. Hatten Sie keine Bedenken, sich gegen die Obrigkeit aufzulehnen? Es war nicht unsere Absicht, uns mit den Bischöfen anzulegen. Wir sind eine Gemeinde, die schon immer Gäste eingeladen hat. Zu unserem 40-jährigen Bestehen im vergangenen Jahr haben wir das Apostelkonzil 2012 veranstaltet, bei dem verschiedene Personen zu aktuellen Fragen der Zeit gesprochen haben. Das setzen wir fort. Haben Sie Ihren Bischof um Erlaubnis gefragt? Zunächst habe ich mit den Referenten gesprochen, ob sie überhaupt zu uns kommen. Dann wollte ich auf den Bischof zugehen, aber ich war ein paar Tage weg, und da sickerte schon durch, dass die Reihe bei uns stattfinden sollte. Das sollte eigentlich nicht sein. Deshalb habe ich den Bischof um ein Gespräch gebeten. Haben Sie eine Standpauke bekommen? Meine Frage war auch: Ist es eine Einladung oder eine Vorladung? Aber es war tatsächlich eine Einladung. Der Bischof hat nur gefragt, wie es dazu kam. Da war auch ein gewisses Verständnis, auch wenn es ihm natürlich lieber gewesen wäre, wenn die Reihe nicht stattgefunden hätte. Aber uns war klar, wenn der Bischof es verbietet, dann hätten wir uns dran gehalten. Aber Herr Schüller ist auch ein Pfarrer, darf man den so einfach ausschließen? Das war auch unsere Argumentation. Schüller ist ordentlicher Pfarrer, der von seinem Erzbischof keine Einschränkung hat. Er ist innerhalb der Kirche, nicht außerhalb. Das Argument des Bischofs war, dass sein Auftritt ein Politikum sei. Er ruft zum Ungehorsam auf, und das ist nicht im Sinne der Kirche. Gehorsam ist ein wichtiges Ordnungsprinzip innerhalb der Kirche. Aber Gehorsam hat für mich etwas mit Hören zu tun, und das ist beidseitig. Hört die Kirche noch genug hin? Es hat den Eindruck als ob sich die Amtskirche schwer tut zu hören, was die Menschen bewegt. Aber der Bischof hat gewisse Bedenken und auch Angst, dass das Ganze polarisiert und so das eigentliche Hören nicht mehr möglich ist. Das ist auch ein Stück weit wahr. Schüllers Thema ist ein wichtiges, aber nicht das erste und das wichtigste. Die konkrete Aufgabe, die ich als Pfarrer habe ist es, die Menschen zu motivieren, sich mit ihrem Glauben und ihrer Beziehung zu Christus auseinanderzusetzen. Geht das, wenn der Kirche die Gläubigen wegbröckeln? Ich glaube, die Zeit, als man Menschen halten konnte, ist vorbei. Wir differenzieren nicht zwischen denen, die in die Kirche gehen und den anderen. Das ist auch eine Krankheit unserer Kirche heute, dass wir uns zu viel mit denen beschäftigen, die ohnehin da sind und die aus dem Blick verlieren, die nicht präsent sind. Kirche heißt ja nicht, dass ich in die Kirche gehe, sondern dass ich Kirche bin kraft meiner Taufe und meiner Firmung. Was erwarten Sie von Ihrer Reihe? Dass Themen, die innerhalb der Kirche diskutiert werden, ein Forum kriegen und ein neues Bewusstsein angestoßen wird: Ich darf darüber nachdenken, und es ist gut, wenn ich darüber rede. Das kann eine Bekräftigung sein, sich auch wieder mit dem eigenen Glauben auseinanderzusetzen. Helmut Schüllers erster öffentlicher Auftritt in Bayern findet am Sonntag in Nürnberg statt. Der Kirchenrebell aus Österreich hält dort eine Fastenpredigt. Thaddäus Posielek leitet die Pfarrei Menschwerdung Christi in Nürnberg. Er scheut nicht davor zurück, in seiner Pfarrei auch kirchenkritische Themen zu diskutieren. Er möchte so neues Bewusstsein anstoßen. |